An
jenem klaren Tag schlendert Stella von ihrem Unterricht nach Hause.
Vergnügt und fröhlich hüpft sie im Takt der Melodie, die sie vor sich
hinsummt.
Es ist Mai und der Himmel schickt seine ersten heißen Sonnenstrahlen
zur Erde. Die Ahornbäume der Allee tragen ihr frisches Grün, das im
Frühlingslicht zart schimmert. Ein herrlicher Duft strömt durch die
Salzburger Augasse.
Wie verzaubert bleibt Stella vor einem weißen Zaun stehen und starrt in
einen kleinen Garten, in dem ein bescheidenes Häuschen steht. Mit
seinen braunen Brettern und grünen Fensterläden sieht es aus wie ein
Haus aus einem der Märchen, das ihr ihre Mutter Maria vorliest, wenn
Stella ihren verstorbenen Vater zu sehr vermisst. Vielleicht ist es
das, was Stella so unbeirrt festhält, möglicherweise ist es aber auch
der bunte Garten mit seinen roten Rosen, seinen gelben Narzissen und
all den anderen Blüten und Farben. Leuchtende Falter tanzen über den
Blumen auf den Sonnenstrahlen und vier oder fünf Spatzen lassen sich
vom lauen Wind um den Wipfel der Eiche tragen.
Auf einem wackeligen Stuhl am Rande der Wiese hockt ein Mann. Seine
grauen, lockigen Haare glänzen im Licht. Er hat die Augen geschlossen
und lauscht den wundersamen Klängen, die durch das geöffnete Fenster
ins Freie dringen.
Auch das Mädchen schließt die Augen und horcht der Musik.
Plötzlich schlittert ein Auto auf den Zaun zu. Stella vernimmt das
Quietschen nicht, doch der alte Mann reißt die Augen auf, springt vom
Gartensessel und schreit: "Mädchen, Mädchen, ein Auto, lauf zur Seite!"
Es vergehen Sekunden und der ergraute Mann muss noch einmal rufen, bis
Stella reagiert und im letzten Augenblick zur Seite springt.
Erschrocken gafft sie dem roten Kombi hinterher, bis er um die Kurve
biegt und nicht mehr zu sehen ist.
"Na, du liebes Mädchen. Da haben wir wohl noch einmal Glück gehabt, hm?"
"Hmm."
"Darf ich dich zum Trost auf eine Limonade einladen? Du darfst auch die
Falter anschauen."
Stella guckt zögerlich in die blauen Augen des Mannes, der inzwischen
direkt neben ihr am Zaun lehnt. "Ich darf aber nicht zu Fremden ins
Haus, hat meine Mama gesagt." - "Ich verspreche dir, es passiert dir
nichts Böses. Komm, süßes Mädchen." Schüchtern tapst Stella hinter dem
lockigen Mann her.
Das Haus ist spärlich eingerichtet. Er führt sie in sein Wohnzimmer, in
dem nur ein Mahagonischrank, ein Glastisch und ein Stuhl stehen. Auf
dem Glastisch liegt ein kleines Foto mit einer jungen Frau in einem
edlen Abendkleid. In der Ecke thront ein großes Piano.
Stella erinnert sich, dass sie "so ein riesiges Ding" schon einmal
gesehen hat, zu Hause auf dem Dachboden. Der alte Mann drückt ihr das
Saftglas in die Hand, setzt sich an das glänzend polierte Klavier und
beginnt mit seinen zierlichen Fingern über die Tasten zu gleiten. Wie
magisch angezogen, nähert sich Stella.
"Willst du auch einmal?" Sie muss lachen, als sie ein paar Töne aus dem
großen Gerät zaubert. "Es ist spät, du musst nach Hause. Besuch mich
mal wieder, Stella!"
Ehe Stella begreift, dass der alte Mann ihren Namen kennt, ohne dass
sie ihn genannt hat, ist sie auch schon um die nächste Ecke der Straße
gebogen und der Gedanke ist verflogen.
"Mama, ich habe was ganz Tolles erlebt. Da war ein Mann und ein Auto
und so ein Klavier und ich habe darauf Musik gemacht." Sorgenvoll
betrachtet Maria Surrennè ihre Tochter, die eifrig erzählt. "Stella,
geh nie wieder zu diesem Mann." - "Warum denn? Ok, Mama."
Viele Jahre vergehen und seither verbringt das Mädchen so manche
Nachmittagsstunde auf dem Dachboden.
An ihrem neunzehnten Geburtstag offenbart sie der Mutter ihren Traum.
"Mama, ich will Pianistin werden. Das ist es, was ich will." -"Stella,
ich dachte, es wäre klar vereinbart, dass du nach der Matura in einem
Büro anfängst?" -"Aber Mama, das ist so langweilig un das passt nicht
zu mir." - "Ach Kind, du mit deinen Träumereien. Das wird doch nichts."
Genervt schmeißt Stella die Kuchengabel auf den Küchentisch, schnappt
sich mit einem beleidigten Schnauben ihre Handtasche, bevor sie aus der
Tür verschwindet.
"Jetzt fahre ich erst recht zur Hochschule und informiere mich über die
Kurse", bestärkt sie sich.
Mit hochgestreckter Nasenspitze stolziert sie durch die Eingangstür der
Uni, vorbei an einem weißen Schild mit der goldenen Aufschrift
"Hochschule für Musik und darstellende Kunst "Mozarteum Salzburg". In
der riesigen Eingangshalle wird sie von einer neuen Welt gefangen
genommen und spürt, wie sie von Kultur und Kreativität überwältigt wird.
An einer der rissigen Wände hängt eine Anschlagtafel. Stella holt tief
Luft und marschiert zielstrebig auf das Studienverzeichnis zu. Da ist
er auch schon.
"Studienkurs Klavier, Studiendauer 10+6 Semster. Nähere Infos entnehmen
Sie bitte dem aufliegenden Studienführer."
Ganz unvermittelt hört sie aus dem Hintergrund eine hüstelnde Stimme:
"Entschuldigen Sie, interessieren Sie sich für dieses Studium?" - "Ähm,
ja."
Ein älterer Herr mit weißen Haaren und einem stoppeligen Bart lächelt
ihr entgegen, gerade als sie sich umdreht. "Sehen Sie, dann sind Sie
hier richtig. Ich kann Ihnen gerne etwas über den Kurs erzählen. Ich
war früher hier Musikprofessor und komme seit meiner Pensionierung
immer wieder hier her", schildert er in einem enthusiastischen
Wortschwall.
Der Herr und Stella setzen sich in die Cafeterìa.
"Wie heißen Sie eigentlich?" - "Ich bin Herbert Münzer und Sie?"
-"Stella Surrennè.
Komisch, mein Vater hieß auch Münzer mit Nachnamen."
Der Professor geht nicht weiter darauf ein und beginnt mit
detaillierten Ausführungen. Eine Stunde vergeht, dann beschließt er
seinen Monolog mit den Worten: "Die Stellenangebote im Bereich
darstellende Kunst sind sicherlich rar gesäht. Deshalb empfehle ich
Ihnen, bereits während des Studierens für entsprechende Kontakte zu
sorgen. Ich kann Ihnen in diesem Fall gerne behilflich sein. Gehen Sie
nach Hause und denken Sie in Ruhe darüber nach."
"Mama, ich war an der Uni und habe mich informiert. Ich möchte das
Klavierstudium beginnen, nach der Matura. Es dauert 8 Jahre und ich
werde natürlich nebenher arbeiten."
"Mein Kind, was hast du für Vorstellungen", entgegnet Maria. "Du
findest doch nie ein Engagement als Pianistin. Weißt du, wie schwer es
ist, eine erfolgreiche Musikerin zu werden?" Entsetzt starrt sie Stella
ins Gesicht.
"Mutter bitte, ich will mir diese Träume erfüllen und du weißt genau,
dass ich Talent habe. Du hörst mich seit Jahren spielen. Und dieser
Professor Münzer hat mir alles erklärt. Auch, wie ich nach dem Studium
Erfolg haben kann."
"Was? Münzer hast du gesagt? Was hast du mit Herbert zu tun? Ich habe
dir verboten, mit ihm zu sprechen!"
"Was hast du? Du kannst mir überhaupt nichts verbieten. Du verstehst
mich nicht. Du wirst mich nie verstehen!" Stella stampft durch die
Terrassentür und rennt den Weg entlang, ohne genau zu wissen, wohin sie
will. Ihr Puls rast vor Zorn.
Nach einer Weile beruhigt sie sich, ihre Schritte werden langsamer, bis
sie schließlich stehen bleibt. An einem weißen Gartenzaun schaut sie
auf einen bunten Garten. Sie erinnert sich an einen schönen Nachmittag
mit einem alten Mann. Aber damals ist sie noch ein Kind gewesen. "Ob er
noch lebt?" Vorsichtig klopft sie an der Tür, doch niemand öffnet, nur
eine traumhafte, beruhigende Melodie ist zu hören. Nach einer Weile
erscheint ein älterer Herr hinter dem Vorhang und lächelt. Es ist
Professor Herbert Münzer.
"Guten Tag, junge Frau. Ich habe damit gerechnet, dass Sie in nächster
Zeit hier des Weges kommen werden." Stella runzelt die Stirn. "Warum
wissen Sie das? Darf ich rein kommen und mit ihnen reden?" - "Aber
natürlich. Treten Sie ein."
"Ich habe mit meiner Mutter gesprochen. Sie versteht mich nicht."
"Kommen Sie, nehmen Sie Platz. Wissen Sie, die Menschen haben
verschiedene Ansichten über die Kunst. Manche lieben sie und andere
finden keinen rechten Zugang zu ihr. Aber bei Ihnen bin ich mir sicher,
dass Sie Ihren Weg gehen werden."
Stella schluchzt. "Ich weiß nicht, warum unterstützt sie mich nicht?" -
"Sie wird ihre Gründe dafür haben. Aber für Sie ist es wichtig, an sich
zu glauben und für Ihre Ziele zu kämpfen. Geben Sie nicht auf."
Nach diesen eindringlichen Worten des klugen Mannes geht es ihr wieder
besser.
"Was ist das für ein Foto. Ich war als Kind hier. Erinnern Sie sich?"
-"Natürlich, Stella."
Fragend schaut sie ihn an, als spürte sie, dass er ihr etwas
verheimlicht. "Ich habe dieses Foto schon einmal gesehen; zu Hause in
einer Holzkiste auf dem Dachboden. Das ist doch ... Ist das nicht meine
Großmutter? Warum haben Sie ein Foto von ihr?"
Herbert lehnt sich neben Stella an die Wand und räuspert sich. "Ja, da
ist deine Großmutter. Ich habe ein Bild von ihr, weil ich ... Ich bin
dein Großvater. Du hast sie nicht kennen gelernt. Die Gute ist so früh
verstorben."
Stella scheint es, als würde sich der Raum drehen und ihre Augen
flimmern. Herbert klopft liebevoll auf ihre Schulter. "Stella, geh
jetzt nach Hause. Es wird alles gut."
Maria kniet, eingewickelt in eine Decke, auf der Couch und erwartet
ihre Tochter. "Kind, wo warst du? Ist alles in Ordnung mit dir?"
-"Mutter, ich bin kein Kind mehr. Übrigens, ich habe heute meinen
Großvater getroffen!" - "Herbert?" -"Ja, genau. Herbert Münzer, meinen
Großvater!" - "Jetzt weißt du es also. Hat er es dir erzählt?" -"Warum
lebt er nicht bei uns? Wollte er nicht, oder hast du ihn nicht
gelassen?"
"Ich konnte nicht, Schatz. Er hat die Familie zerstört und deine
Großmutter ist seinetwegen gestorben." -"Wie kannst du so etwas
behaupten, Mama? Wie meinst du das?"
Maria entgegnet mit strenger Stimme: "Weil er sie zu Tode gekränkt hat
mit seinem Dickkopf. Er hat ihr das Leben schwer gemacht. Bis sie nicht
mehr konnte und starb." - "Was ist das für ein Unsinn?" Stella schlurft
verzweifelt in ihr Zimmer und schließt die Schlafzimmertür hinter sich
ab.
Am nächsten Tag rumpelt es früh an Herberts Haustür. Maria starrt ihm
mit verbitterter Miene in sein faltiges Gesicht. "Willst du meine
Tochter auch noch umbringen? War es nicht genug, dass du Mama kaputt
gemacht hast?" -"Schatz, ich habe sie nicht kaputt gemacht." -"Und
warum hat sie Krebs bekommen? Weil du sie gequält hast mit deinem
Ehrgeiz. Sie hat dem Druck nicht mehr standgehalten. Weshalb hast du
sie vom Krankenhaus nach Hause geholt und sterben lassen?"
"Es war Sophies freier Wunsch, eine große Pianistin zu werden. Ich habe
sie respektiert und hätte sie niemals zu etwas gezwungen ... und sie
wollte ihre letzten Wochen zu Hause verbringen. Der Krebs war zu weit
fortgeschritten. Sie wollte bei mir sein, im Garten sitzen und der
Musik zuhören." Enttäuscht schaut er zu Boden. "Ich habe sie nicht
kaputt gemacht. Sie ist so schnell eingeschlafen." Herbert kramt in der
Schublade des Mahagonischrankes. "Ich habe Fehler gemacht, das weiß
ich. Ich hätte dir diesen Brief von Sophia längst geben sollen."
Fragend sieht sie ihn an, lässt sich auf den Stuhl sinken und reißt den
Umschlag auf. Maria bricht zusammen und weint bitterlich über den
Abschiedsbrief ihrer Mutter. "Ich habe alles schlimmer gemacht und sie
nie unterstützt. Und dann ist sie an diesem Brustkrebs gestorben und
ich konnte mich nicht mehr verabschieden."
"Sie war dir nicht böse. Komm, lass uns zu deiner Tochter gehen und sie
aufklären. Du solltest den gleichen Fehler nicht noch einmal machen.
Stella hat Talent. Du musst sie unterstützen."
© Christine Kapeller
NACH OBEN
ÄPFEL
SIND GESUND
"Guten Morgen, Frau Sennemair. Backen
Sie wieder Apfelkuchen?"
"Ja, jetzt im Herbst sind die Äpfel besonders lecker und gesund sind
sie auch."
Manuela Sennemair stopft den Kilosack mit knackig-frischen
Golden-Delicious-Äpfeln in ihren Stoffbeutel und schwingt ihre
fraulichen Hüften durch die Ladentür. Vollbeladen stapft sie den fünf
minütigen Fußweg nach Hause.
"Hey, Schatz! Ich werde mit den Jungs noch auf dem Fußballplatz
trainieren. Das macht Dir doch nichts aus, oder?"
"Sag Mal, bist du nicht langsam zu alt dafür? Ich meine mit
achtundzwanzig Jahren könntest du deine Zeit auch sinnvoller
verbringen."
"Was soll ich denn tun? Wir haben ja keine Kinder, auf die ich
aufpassen könnte."
Zynisch grinst er sie an.
"Kann ich etwas dafür, dass ich keine Kinder bekommen kann? Musst du
mich dafür strafen?"
"Dann müssen wir eben welche adoptieren."
"Du hast zwei Kinder von Susanne. Warum suchst du nicht um das
Sorgerecht nach?"
"Das habe ich schon vergeblich probiert, wie du weißt. Dann müssen wir
Susi-Lori eben umbringen und die Kinder bei uns aufnehmen." Martin
lächelt, wirft seiner Manu einen Kuss entgegen und verschwindet aus der
Tür.
Manuela grübelt immer wieder darüber nach, was Martin von sich gegeben
hat, während sie ihre sonnengereiften Äpfel in dünne Scheiben
schneidet. Sie wischt sich eine Träne von der Wange und belegt den
Tortenboden mit den Obststücken.
"Warum ist er nur so gefühllos. So kann es nicht weitergehen. Er macht,
was er will."
Später am Abend torkelt Martin zur Tür herein. Manuela steht vor dem
Fernseher und bügelt die Wäsche.
"Hast wieder getrunken? Magst ein Stück Apfelkuchen?"
"Aber immer doch, mein Schatz. Higs"
Manuela dreht sich zu Martin um, zieht die Mundwinkel zusammen und
starrt ihm mit einem kalten Blick in seine glasigen Augen. Sie dreht
ihren Kopf wieder in Richtung Fernseher und stiert geistesabwesend auf
die bewegten Bilder.
"Wie machen wir das mit Susanne?"
"Mhhh, der Kuchen schmeckt lecker."
Manuela wendet sich wieder ihrem Mann zu. "Hast du schon eine Idee?",
wiederholt sie energischer. - "Idee wofür?" - "Den Mord an deiner Ex?" -
"Susi-Lori ermorden? Bist du verrückt?" -
"Das war dein Vorschlag. Und schmatz nicht so. Ich kann das nicht
ertragen!" -
"Ähm, higs, das war ein Scherz. Nimm doch nicht alles gleich so ernst.
Bist ja wahnsinnig."
Manu richtet sich vor ihm auf, gafft ihn verständnislos an, reißt ihm
den Kuchenteller aus den Händen. "Schmatz nicht so!"
Am nächsten Morgen besorgt Manuela Sennemair wie immer ihre
Golden-Delicious.
Sie legt den Sack zwischen die Zucker- und Mehlpakete und wartet
geduldig bis die Kassiererin ihre Lebensmittel über den Scanner zieht.
"Diesmal ein 2-Kilo-Sack?" - "Ja, das stimmt. Ich kaufe heute mehr. Wir
haben ja auch bald zwei Mäuler mehr zu stopfen." - "Bekommen Sie
Besuch?" - "So ähnlich.
Nicht so wichtig. Auf Wiedersehen!"
"Hallo! Susanne!"
"Ah, hallo Manuela, wie geht es dir, wie geht es Martin? Alles im
Griff?"
"Ja. Ich wollte dich sowieso fragen, ob du Mal auf einen Kaffee ...
Hast du heute später Zeit?"
"An einem Samstag Nachmittag? Immer doch. Tschüssi. Komme dann nachher
vorbei."
Daheim schneidet sie die Äpfel in kleine Stücke und belegt den
vorgebackenen Tortenboden. Ganz unten im Schrank ertastet sie ein
kleines, weißes Päckchen.
In diesem Augenblick springt Martin herein. "Was machst du mit den
ganzen Äpfeln? Obstkur?" Manu zuckt. "Nein, wieso? Apfelkuchen für das
Wochenende. Ich nehme an, du hast heute wieder Training?" - "Logisch.
Muss auch gleich los."
Manu mischt das weiße Pulver unter die Tortenglasur und schmiert die
Masse auf die Äpfel, stellt die Torte wie immer für eine halbe Stunde
in den Kühlschrank.
Stunden später klingelt es an der Haustür. Susanne hält Manu den
schwarzen Ledermantel entgegen und stolziert ins Wohnzimmer, wo sie
sich elegant auf die beige Leinencouch fallen lässt. "Hast du einen
Kaffee für mich?" - "Natürlich."
Susanne quatscht stundenlang auf Manuela ein, die versucht, ein
begeistertes Gesicht zu machen, und erzählt über ihre erfolgreichen
Geschäftsabschlüsse.
"Hast überhaupt noch Zeit für deine Söhne bei der vielen Arbeit?" -
"Alles eine Frage der Planung, meine Gute." - "Aha. Es ist spät. Martin
kommt gleich. Tut mir Leid, dass ich dich so hinausdrängen muss."
Susanne hat keine Wahl und wird aus der Tür geschoben. "Warte, dein
Kuchen, den hab ich ganz vergessen. Nimm das Stück einfach mit." Sie
drückt ihr die Plastikdose mit einem üppigen Stück Kuchen in die Hand.
Sie lächelt Susanne an:
"Damit du auch bestimmt genug davon bekommst."
Langsam wird es dunkel und es droht zu regnen. Besorgt schaut Manu aus
dem Fenster. Dann und wann starrt sie für ein paar Sekunden auf das
Telefon, bis sie Martins Auto von der Ferne entdeckt. Er ist nicht
allein. Schemenhaft erkennt sie zwei weitere Personen. Manu lächelt
zufrieden.
"Martin? Warum hast du denn deine Jungs dabei?"
Die Buben starren verstört zu Boden. "Stell dir vor, ich bekam vorhin
einen Anruf von der Polizei. Es ist was passiert."
"Was denn?"
"Sie wurde vergiftet." Martin wischt sich die Tränen von der Wange.
"Beruhige dich, ich bin doch da. Wir holen uns einfach das Sorgerecht
und ich kümmere mich um die Kinder." Manu lächelt ihn an.
"Wie kannst du nur so gelassen darauf reagieren?"
"Kommt, esst erst Mal. Äpfel sind gesund."
© Christine Kapeller
Humor ist, wenn man trotzdem
lacht ;)